Auch im Südwesten gibt es zahlreiche uns angeschlossene Frauenhäuser, wie in Heidelberg, Stuttgart, aber auch Frankfurt und Hanau.
Der rechtsradikale Täter ermordete neun Menschen im öffentlichen und anschließend seine Mutter im privaten Raum. Medial wird neben einigen differenzierten und aufdeckenden Berichten doch hauptsächlich noch die Erzählung fortgeschrieben, dass ein Deutscher, also einer von „uns“, Migranten getötet hat, also einige von „denen”. Dabei wird das Geschlecht der Getöteten ignoriert und die Lebensrealität der Mordopfer.
Unsere Perspektive ist hingegen: Hier hat ein weißer Deutscher zehn Hanauer*innen getötet, viele von ihnen sind nie migriert, und bei dem Mord an seiner Mutter ist nicht von Fremdenhass auszugehen.
Journalismus kann schiefe Wahrnehmungen und rassistische Stimmungen verstärken, indem er Berichten über Rechtsextremismus nicht genug Platz einräumt, aber beispielsweise arabisch- und türkeistämmige Männer kriminalisiert oder reißerisch über Clan-Kriminalität und Razzien in Shisha-Bars berichtet. Medien prägen unsere Realität und Journalist*innen sollten sich der Tragweite ihrer Arbeit bewusst sein. Dazu gehört auch, die Verknüpfung von Fremdenhass, Rassismus und Frauenfeindlichkeit aufzuzeigen und damit auch Anhaltspunkte der Bekämpfung dieser Ideologien zu liefern.
In dem Pamphlet, das der Täter hinterlassen hat, begründet er detailliert seine Vernichtungsfantasien zu Migrant*innengruppen in Deutschland und zur Bevölkerung von asiatischen, arabischen und afrikanischen Ländern. Dann kommt ein Abschnitt mit der Überschrift “Frauen”.
Vergleicht man die Selbsterklärungen und das Verhalten der Urheber solcher Schriften vor ihren Gewaltausbrüchen, fallen einige Gemeinsamkeiten auf. Eine ist ein Blick auf Frauen, der sich als extreme Anspruchshaltung beschreiben lässt.
Ein gestörtes und von Hass geprägtes Verhältnis zu Frauen zeigen auch andere rechtsextreme Attentäter. So wird in diesen Zusammenhängen international der Feminismus als Grund genannt, der zu einer sinkenden Geburtenrate führt und damit zur Überfremdung der als eigenen angesehenen Gesellschaft.
Es ergibt sich jeweils das Bild eines Mannes, der Frauen als bewertbare Verfügungsmasse sieht und sich zugleich sehr abhängig fühlt von ihrer Anerkennung.
Dass Frauen in vielen Gesellschaften heute weniger Kinder bekommen, wird – nicht zu Unrecht – dem Einfluss der sexuellen Befreiung der Frau und dem Feminismus zugeschrieben. Sabine Hark, Professorin für Genderwissenschaften an der Technischen Universität Berlin, sagt: “Die sinkende Geburtenrate unter weißen Frauen wird als Bedrohung für die weiße Dominanz gesehen“.
Solche Theorien sind besonders beliebt in jenen Online-Foren, die Expert*innen als die „Mannosphäre“ – bezeichnen; dort tauschen sich frustrierte junge Männer über ihren mangelnden Kontakt zu Frauen aus. So wird der gemeinsame Frust auf die Frau zu einer “Einfallsschneise” für rechtsextreme Ideologiekonstrukte.
Die Bekämpfung des vermeintlichen Fortpflanzungsrückstands westlicher, nicht jüdischer Weißer dient also einerseits als Rechtfertigung für groß angelegte rassistische und antisemitische Morde, aber eben auch für die Forderung, körperliche und wirtschaftliche Selbstbestimmung von Frauen einzuschränken. “Verbindend ist die Vorstellung, dass der weibliche Körper bestimmten Männern zur Verfügung stehen soll”, sagt Sabine Hark – ob für ihre persönlichen Bedürfnisse oder ihre bevölkerungsideologischen Ziele.
Bei dem Hanauer Täter findet sich nicht nur eine biopolitische Obsession. In seinem Fazit nennt er die Tatsache, sein Leben lang keine Frau gefunden zu haben, als eine der zentralen Belastungen, die ihn nun zum Handeln veranlassten. Allein, dass er “Frauen” so ausdrücklich erwähnt, zeigt, welche Bedeutung sie in diesem Zusammenhang für ihn gehabt haben müssen.
Es verknüpfen sich hier Frauenhass, Rassismus, völkische Ideologie.
Die faschistische Ideologie vereint in sich alles, was die Entwicklung einer freien Gesellschaft im Keim erstickt und hat so auch den Feminismus zum Feind.
Zehn Hanauer*innen wurden von einem weißen deutschen Rassisten und Frauenfeind getötet, die Getöteten gehören zu uns, sie sind das wir und nicht die Anderen. Und genau als Wir, als Gemeinschaft müssen wir im Dialog sein. Wir müssen über Rassismus reden und ihn benennen, wir müssen über Sexismus reden und diesen aufdecken.
Denn wenn wir die dahinterliegenden Strukturen anerkennen und gezielt verändern können Ausgrenzung, Unterdrückung und solche Morde verhindert werden!